CfP: Mensch – Tier – Gesundheit Zur Kultur- und Sozialgeschichte der Mensch-Tier-Beziehungen in der Medizin

Jahrestagung 2023 des Vereins für Sozialgeschichte der Medizin – Geschichte(n) von Gesundheit und Krankheit

Veranstalter:

Verein für Sozialgeschichte der Medizin in Kooperation mit der Organisationseinheit Ethik, Sammlungen und Geschichte der Medizin der Medizinischen Universität Wien, dem Forschungszentrum Medical Humanities und dem Institut für Geschichtswissenschaften und Europäische Ethnologie der Universität Innsbruck

Veranstaltungsort:

Josephinum – Medizinhistorisches Museum Wien Währinger Straße 25, 1090 Wien www.josephinum.ac.at

 

Termin:

26./27. September 2023

 

Deadline:

15. Februar 2023

 

Organisatorinnen: Monika Ankele, Maria Heidegger, Marina Hilber

 

In den vergangenen Jahrzehnten ist das Interesse an den vielfältigen Interaktionen zwischen Menschen und Tieren, ihren Interdependenzen, Nutzbarkeiten und emotionalen Beziehungen sukzessive angewachsen. Die Human-Animal-Studies sowie die Environmental Health Humanities formieren ein interdisziplinäres Forschungsfeld, das einen wichtigen Beitrag für eine entsprechende Perspektivierung des Themas leistet. Auch in den historischen Disziplinen werden die vielfältigen Mensch-Tier- Beziehungen zunehmend untersucht. Ob als Mittel der Herrschaftsrepräsentation, vermenschlichte Spielgefährten, geschundene Lastentiere oder als (ausgebeutete) Lieferanten von Nahrungsmitteln und Bekleidung sind Tiere ein essentieller Bestandteil menschlicher Existenz. Sozial-, kultur- und umweltgeschichtliche Zugangsweisen prägen bislang den Diskurs, doch nicht zuletzt durch die Pandemie ist auch die Medizingeschichte den Potenzialen, die eine Re- bzw. Dekonstruktion gängiger Topoi der Mensch-Tier-Beziehungen in diesem Feld birgt, auf der Spur. Erst jüngst rekurrierte eine Tagung, organisiert von Axel C. Hüntelman et al., auf beliebte Seuchennarrative, die Tiere als Überträger, aber auch als Opfer von ansteckenden Krankheiten in den Fokus rückte. Doch nicht nur Tiere wurden als Akteure im Seuchengeschehen kontextualisiert, auch die gesellschaftlichen und politischen Reaktionen auf diese animalischen Bedrohungen in Form von Keulungen, oder der Nutzung zur Entwicklung und Massenproduktion von Impfstoffen wurde thematisiert.

 

Die Jahrestagung 2023 des Vereins für Sozialgeschichte der Medizin möchte sich mit ihrem traditionell inter- bzw. multidisziplinären Anspruch am Diskurs beteiligen und lädt Forschende aus den historischen Disziplinen ebenso wie Vertreter*innen der Medical Humanities, der Kulturwissenschaften, der Ethik, der Erziehungswissenschaften, der Psychotherapie, der Pharmakologie sowie der Human- und Veterinärmedizin ein, ihre themenspezifischen Beiträge vorzustellen. Den thematischen Fokus möchten wir bewusst erweitern und stellen grundsätzliche Fragen an die Dimensionen von Mensch-Tier-Beziehungen und ihre Wechselwirkungen in den Bereichen menschlicher und tierischer Gesundheit und Krankheit von der Frühen Neuzeit bis in die jüngste Vergangenheit. Geographisch konzentrieren wir uns auf den europäischen Raum, wobei (post-)koloniale Kontexte stets mitgedacht werden.

 

Folgende Schwerpunkte sollen die Breite der Thematik rahmen, allerdings sind auch Einreichungen abseits der vorgeschlagenen Themengebiete erwünscht:

 

(1) Tierbiographien

Der Rettungshund Barry, das Klonschaf Dolly oder die Kuh Blossom – sie alle gehören zu den berühmten Tieren der Medizingeschichte und stehen einer Masse an Tieren gegenüber, die namenlos blieben. Die Historikerin Mieke Roscher plädiert in ihrem Text

„Where is the animal in this text?” für die biographische Methode als eine „produktive Form der Geschichtsschreibung über Tiere“.1 Was wissen wir über die Biographie einzelner (Forschungs-)Tiere, was über die Beziehungen zwischen Forscher*in und Versuchstier? Und was über jene Momente in der Geschichte der Medizin, in denen ein Tier eine herausgehobene Stellung erfuhr, einen Namen bekam und ein Subjekt wurde?

 

(2) Tierische Ärzte

Mit der Bezeichnung „tierische Ärzte“ beziehen sich Kerstin Weich und Daniela Haarmann2 auf Ansätze einer tiergestützten Therapie, aber auch auf das Vermögen von Tieren, bestimmte Krankheiten aufzuspüren. Wie gestalten sich die vielfältigen Beziehungen zwischen kranken oder verwundeten Menschen und Tieren? In welchen Kontexten wurden Tiere zum Helfer des Menschen (z. B. Rettungshunde, Suchhunde, der Einsatz von Maden bei der Behandlung von Nekrosen)? Und wie haben sich tiergestützte Therapieformen entwickelt (z. B. Hippotherapie, Schneckentherapie)?

 

(3) Tiere als Erkenntnisgegenstand und heilkundliche / medizinische Ressource

Zum einen sind Tiere in der Medizin Erkenntnisgegenstand für den Menschen, zum anderen Ressource (z. B. Kühe als Impfstofflieferanten im Rahmen der Vakzination) und Heilmittel (z B. Blutegel im Rahmen der Humoralpathologie). Welche Tiere oder tierischen Stoffe wurden zur Herstellung von Arzneien benutzt? Wie hat sich das Wissen über die Zusammensetzung und Wirkung tierischer Stoffe entwickelt? Welchen Einfluss hatte die Forschung an Tieren auf die Etablierung medizinischer Disziplinen? Mit den Experimentalwissenschaften im 19. Jahrhundert habe sich ein neuer Frosch entwickelt, so Bernd Hüppauf: „Der Frosch der Wissenschaften war ohne Leben und in isolierte

 

 

 

1 Mieke Roscher, Where is the animal in this text? Chancen und Grenzen einer Tiergeschichtsschreibung, in: Chimaira – Arbeitskreis für Human-Animal-Studies (Hg.), Human-Animal Studies. Über die gesellschaftliche Natur von Mensch-Tier-Verhältnissen. Bielefeld 2011, 121-150, 135.

2 Kerstin Weich, Daniela Haarmann, Die Geschichte der Tiermedizin, in: Roland Borgard (Hg.), Tiere. Kulturwissenschaftliches Handbuch, 149-159.

 

Teile zerlegbar.“3 Wie veränderte diese Verwissenschaftlichung das Mensch-Tier- Verhältnis, welche Tier-Bilder brachte sie hervor? Und wie gestaltete sich die Unterbringung von Forschungs- und Versuchstieren in den Krankenhäusern, welche Einrichtungen mussten geschaffen, welche Vorkehrungen getroffen werden?

 

(4) Tierischer Schmerz und die Patientwerdung des Tieres

Mit der zunehmenden ökonomischen und sozialen Bedeutung des Tieres wuchs auch die gesellschaftliche Sorge um seine Gesundheit. Von welchen historischen Entwicklungen erzählt die Patientwerdung des Tieres (z. B. Geschichte der Veterinärmedizin und Tierarznei; Institutionalisierung von Tierkliniken und Kleintierpraxen)? Welche Kontroversen um das Tierwohl wurden geführt (z.B. Vivisektion, Versuchs- und Labortiere, Massentierhaltung)? Wie entwickelten sich die Maßnahmen, die zum Schutz des Tieres im Rahmen der industriellen Tierhaltung getroffen wurden (z. B. Antibiotikaeinsatz)? Welche Unterschiede im Gesundheitsverständnis des Menschen gibt es bei Haus-, Nutz- und Wildtieren? Welches Tier konnte Schutz für sich beanspruchen und zum Patienten werden (z. B. Pferd, Hund), welchem Tier wurde dieser Status verwehrt? Und welche ethischen Fragen stellen sich im Umgang mit tierischem Schmerz?

 

(5) „Tierwerdung“ des Menschen

Aus Tieren gewonnene Impfstoffe, Versuche der Blutübertragung vom Tier auf den Menschen (Xeno-Transfusion), die Transplantation tierischer Herzklappen oder Implantate aus Schweineblasen stellen die historisch gezogene Grenze zwischen Menschen und Tieren in Frage und regen zur Reflexion dieser Grenzziehung an. An diesen medizinischen Entwicklungen entzündeten sich Debatten über eine mögliche Auflösung der Mensch-Tier-Grenze, verbunden mit der Angst vor einer Tierwerdung des Menschen. Wie wurden diese Debatten medial rezipiert? Auf welche Weise inspirierten sie die Literatur? Welchen Niederschlag fanden sie in der Kunst?

 

(6) Krankheitsfaktor Tier

Als Überträger von Infektionskrankheiten (Zoonosen) stellen Tiere auch eine potentielle Gefahr für den Menschen dar und führen zu vielfältigen Maßnahmen der Prävention und Eindämmung von Zoonosen zum Schutze des Menschen bzw. der Tierpopulation (z.B. Impfung gegen Rindertuberkulose, Desinfektionen bei Viehtransporten, Ungezieferbekämpfung, Keulungen, etc.). Wie entwickelten sich entsprechende Maßnahmen? Welchen (menschlichen und tierischen) Widerständen begegneten sie?

Welche ethischen und ökologischen Debatten lösten sie aus? Wie wirkten sie auf das Zusammenleben von Menschen und Tieren?

 

 

Im Rahmen einer öffentlichen Lesung wird die Schriftstellerin Teresa Präauer ihren 2018 erschienenen Essay „Tier werden“ vorstellen. Der Kulturwissenschaftler Thomas Macho wird die Lesung kommentieren. Die Veranstaltung findet im historischen Hörsaal des Josephinums statt.

 

 

 

3 Bernd Hüppauf, Vom Frosch. Eine Kulturgeschichte zwischen Tierphilosophie und Ökologie. Bielefeld 2011, 56.

 

Als Rahmenprogramm bieten wir eine themenspezifische Führung durch die neue Dauerausstellung des Josephinum – Museum für Medizingeschichte Wien, die Einblicke in die tierische Seite der Medizin geben wird.

 

Bitte senden Sie Vorschläge für Einzelvorträge mit Abstracts im Umfang von ca. 2.000–

4.000 Zeichen (inkl. Leerzeichen) bis zum 15. Februar 2023 an: monika.ankele@meduniwien.ac.at

 

Tagungssprachen: Deutsch und Englisch

 

Die eingegangenen Vorschläge werden vom Organisationsteam gemeinsam mit dem Vereinsvorstand und den Kooperationspartner*innen der Tagung diskutiert und alle Einreicher*innen bis Anfang März 2023 über eine Annahme oder Absage informiert.

 

Die Tagungsgebühr für alle Teilnehmer*innen beträgt 100 Euro und deckt anfallende Kosten für Tagungsunterlagen, Führungen sowie Getränke und Imbisse in den Kaffeepausen ab. Studierende und Personen mit geringem Einkommen können bei der Tagungsleitung einen reduzierten Beitrag von 50 Euro beantragen.

 

Die Referent*innen werden im Anschluss an die Tagung eingeladen, eine schriftliche Fassung ihres Vortrags zur Veröffentlichung in einem themenspezifischen Band der vom Verein für Sozialgeschichte der Medizin herausgegebenen Zeitschrift „VIRUS. Beiträge zur Sozialgeschichte der Medizin“ einzureichen. Die Zeitschrift ist durch peer-review qualitätskontrolliert und erscheint jährlich im Print sowie online als Open-Access- Journal.

 

Für die Veranstalter*innen:

Monika Ankele, Maria Heidegger, Marina Hilber (Organisationsteam)

 

Kontakt:

Dr. Monika Ankele Medizinische Universität Wien

Organisationseinheit Ethik, Sammlungen und Geschichte der Medizin Währinger Straße 25, 1090 Wien

monika.ankele@meduniwien.ac.at

 

Call for Papers

Mensch – Tier – Gesundheit

Zur Kultur- und Sozialgeschichte der Mensch-Tier-Beziehungen in der Medizin

Jahrestagung 2023 des Vereins für Sozialgeschichte der Medizin – Geschichte(n) von Gesundheit und Krankheit

Veranstalter:

Verein für Sozialgeschichte der Medizin in Kooperation mit der Organisationseinheit Ethik, Sammlungen und Geschichte der Medizin der Medizinischen Universität Wien, dem Forschungszentrum Medical Humanities und dem Institut für Geschichtswissenschaften und Europäische Ethnologie der Universität Innsbruck

Veranstaltungsort:

Josephinum – Medizinhistorisches Museum Wien Währinger Straße 25, 1090 Wien www.josephinum.ac.at

 Termin:

26./27. September 2023

Deadline:

15.  Februar 2023

Organisatorinnen: Monika Ankele, Maria Heidegger, Marina Hilber

In den vergangenen Jahrzehnten ist das Interesse an den vielfältigen Interaktionen zwischen Menschen und Tieren, ihren Interdependenzen, Nutzbarkeiten und emotionalen Beziehungen sukzessive angewachsen. Die Human-Animal-Studies sowie die Environmental Health Humanities formieren ein interdisziplinäres Forschungsfeld, das einen wichtigen Beitrag für eine entsprechende Perspektivierung des Themas leistet. Auch in den historischen Disziplinen werden die vielfältigen Mensch-Tier- Beziehungen zunehmend untersucht. Ob als Mittel der Herrschaftsrepräsentation, vermenschlichte Spielgefährten, geschundene Lastentiere oder als (ausgebeutete) Lieferanten von Nahrungsmitteln und Bekleidung sind Tiere ein essentieller Bestandteil menschlicher Existenz. Sozial-, kultur- und umweltgeschichtliche Zugangsweisen prägen bislang den Diskurs, doch nicht zuletzt durch die Pandemie ist auch die Medizingeschichte den Potenzialen, die eine Re- bzw. Dekonstruktion gängiger Topoi der Mensch-Tier-Beziehungen in diesem Feld birgt, auf der Spur. Erst jüngst rekurrierte eine Tagung, organisiert von Axel C. Hüntelman et al., auf beliebte Seuchennarrative, die Tiere als Überträger, aber auch als Opfer von ansteckenden Krankheiten in den Fokus rückte. Doch nicht nur Tiere wurden als Akteure im Seuchengeschehen kontextualisiert, auch die gesellschaftlichen und politischen Reaktionen auf diese animalischen Bedrohungen in Form von Keulungen, oder der Nutzung zur Entwicklung und Massenproduktion von Impfstoffen wurde thematisiert.

Die Jahrestagung 2023 des Vereins für Sozialgeschichte der Medizin möchte sich mit ihrem traditionell inter- bzw. multidisziplinären Anspruch am Diskurs beteiligen und lädt Forschende aus den historischen Disziplinen ebenso wie Vertreter*innen der Medical Humanities, der Kulturwissenschaften, der Ethik, der Erziehungswissenschaften, der Psychotherapie, der Pharmakologie sowie der Human- und Veterinärmedizin ein, ihre themenspezifischen Beiträge vorzustellen. Den thematischen Fokus möchten wir bewusst erweitern und stellen grundsätzliche Fragen an die Dimensionen von Mensch-Tier-Beziehungen und ihre Wechselwirkungen in den Bereichen menschlicher und tierischer Gesundheit und Krankheit von der Frühen Neuzeit bis in die jüngste Vergangenheit. Geographisch konzentrieren wir uns auf den europäischen Raum, wobei (post-)koloniale Kontexte stets mitgedacht werden.

Folgende Schwerpunkte sollen die Breite der Thematik rahmen, allerdings sind auch Einreichungen abseits der vorgeschlagenen Themengebiete erwünscht:

  • Tierbiographien

Der Rettungshund Barry, das Klonschaf Dolly oder die Kuh Blossom – sie alle gehören zu den berühmten Tieren der Medizingeschichte und stehen einer Masse an Tieren gegenüber, die namenlos blieben. Die Historikerin Mieke Roscher plädiert in ihrem Text

„Where is the animal in this text?” für die biographische Methode als eine „produktive Form der Geschichtsschreibung über Tiere“.1 Was wissen wir über die Biographie einzelner (Forschungs-)Tiere, was über die Beziehungen zwischen Forscher*in und Versuchstier? Und was über jene Momente in der Geschichte der Medizin, in denen ein Tier eine herausgehobene Stellung erfuhr, einen Namen bekam und ein Subjekt wurde?

  •  Tierische Ärzte

Mit der Bezeichnung „tierische Ärzte“ beziehen sich Kerstin Weich und Daniela Haarmann2 auf Ansätze einer tiergestützten Therapie, aber auch auf das Vermögen von Tieren, bestimmte Krankheiten aufzuspüren. Wie gestalten sich die vielfältigen Beziehungen zwischen kranken oder verwundeten Menschen und Tieren? In welchen Kontexten wurden Tiere zum Helfer des Menschen (z. B. Rettungshunde, Suchhunde, der Einsatz von Maden bei der Behandlung von Nekrosen)? Und wie haben sich tiergestützte Therapieformen entwickelt (z. B. Hippotherapie, Schneckentherapie)?

  • Tiere als Erkenntnisgegenstand und heilkundliche / medizinische Ressource

Zum einen sind Tiere in der Medizin Erkenntnisgegenstand für den Menschen, zum anderen Ressource (z. B. Kühe als Impfstofflieferanten im Rahmen der Vakzination) und Heilmittel (z B. Blutegel im Rahmen der Humoralpathologie). Welche Tiere oder tierischen Stoffe wurden zur Herstellung von Arzneien benutzt? Wie hat sich das Wissen über die Zusammensetzung und Wirkung tierischer Stoffe entwickelt? Welchen Einfluss hatte die Forschung an Tieren auf die Etablierung medizinischer Disziplinen? Mit den Experimentalwissenschaften im 19. Jahrhundert habe sich ein neuer Frosch entwickelt, so Bernd Hüppauf: „Der Frosch der Wissenschaften war ohne Leben und in isolierte Teile zerlegbar.“3 Wie veränderte diese Verwissenschaftlichung das Mensch-Tier- Verhältnis, welche Tier-Bilder brachte sie hervor? Und wie gestaltete sich die Unterbringung von Forschungs- und Versuchstieren in den Krankenhäusern, welche Einrichtungen mussten geschaffen, welche Vorkehrungen getroffen werden?

  •  Tierischer Schmerz und die Patientwerdung des Tieres

Mit der zunehmenden ökonomischen und sozialen Bedeutung des Tieres wuchs auch die gesellschaftliche Sorge um seine Gesundheit. Von welchen historischen Entwicklungen erzählt die Patientwerdung des Tieres (z. B. Geschichte der Veterinärmedizin und Tierarznei; Institutionalisierung von Tierkliniken und Kleintierpraxen)? Welche Kontroversen um das Tierwohl wurden geführt (z.B. Vivisektion, Versuchs- und Labortiere, Massentierhaltung)? Wie entwickelten sich die Maßnahmen, die zum Schutz des Tieres im Rahmen der industriellen Tierhaltung getroffen wurden (z. B. Antibiotikaeinsatz)? Welche Unterschiede im Gesundheitsverständnis des Menschen gibt es bei Haus-, Nutz- und Wildtieren? Welches Tier konnte Schutz für sich beanspruchen und zum Patienten werden (z. B. Pferd, Hund), welchem Tier wurde dieser Status verwehrt? Und welche ethischen Fragen stellen sich im Umgang mit tierischem Schmerz?

  •  „Tierwerdung“ des Menschen

Aus Tieren gewonnene Impfstoffe, Versuche der Blutübertragung vom Tier auf den Menschen (Xeno-Transfusion), die Transplantation tierischer Herzklappen oder Implantate aus Schweineblasen stellen die historisch gezogene Grenze zwischen Menschen und Tieren in Frage und regen zur Reflexion dieser Grenzziehung an. An diesen medizinischen Entwicklungen entzündeten sich Debatten über eine mögliche Auflösung der Mensch-Tier-Grenze, verbunden mit der Angst vor einer Tierwerdung des Menschen. Wie wurden diese Debatten medial rezipiert? Auf welche Weise inspirierten sie die Literatur? Welchen Niederschlag fanden sie in der Kunst?

  •  Krankheitsfaktor Tier

Als Überträger von Infektionskrankheiten (Zoonosen) stellen Tiere auch eine potentielle Gefahr für den Menschen dar und führen zu vielfältigen Maßnahmen der Prävention und Eindämmung von Zoonosen zum Schutze des Menschen bzw. der Tierpopulation (z.B. Impfung gegen Rindertuberkulose, Desinfektionen bei Viehtransporten, Ungezieferbekämpfung, Keulungen, etc.). Wie entwickelten sich entsprechende Maßnahmen? Welchen (menschlichen und tierischen) Widerständen begegneten sie?

Welche ethischen und ökologischen Debatten lösten sie aus? Wie wirkten sie auf das Zusammenleben von Menschen und Tieren?

Im Rahmen einer öffentlichen Lesung wird die Schriftstellerin Teresa Präauer ihren 2018 erschienenen Essay „Tier werden“ vorstellen. Der Kulturwissenschaftler Thomas Macho wird die Lesung kommentieren. Die Veranstaltung findet im historischen Hörsaal des Josephinums statt.

 

1 Mieke Roscher, Where is the animal in this text? Chancen und Grenzen einer Tiergeschichtsschreibung, in: Chimaira – Arbeitskreis für Human-Animal-Studies (Hg.), Human-Animal Studies. Über die gesellschaftliche Natur von Mensch-Tier-Verhältnissen. Bielefeld 2011, 121-150, 135.

2 Kerstin Weich, Daniela Haarmann, Die Geschichte der Tiermedizin, in: Roland Borgard (Hg.), Tiere. Kulturwissenschaftliches Handbuch, 149-159.

3 Bernd Hüppauf, Vom Frosch. Eine Kulturgeschichte zwischen Tierphilosophie und Ökologie. Bielefeld 2011, 56

 

 

Bitte senden Sie Vorschläge für Einzelvorträge mit Abstracts im Umfang von ca. 2.000– 4.000 Zeichen (inkl. Leerzeichen) bis zum 15. Februar 2023 an: monika.ankele@meduniwien.ac.at

Tagungssprachen: Deutsch und Englisch

Die eingegangenen Vorschläge werden vom Organisationsteam gemeinsam mit dem Vereinsvorstand und den Kooperationspartner*innen der Tagung diskutiert und alle Einreicher*innen bis Anfang März 2023 über eine Annahme oder Absage informiert.
Die Tagungsgebühr für alle Teilnehmer*innen beträgt 100 Euro und deckt anfallende Kosten für Tagungsunterlagen, Führungen sowie Getränke und Imbisse in den Kaffeepausen ab. Studierende und Personen mit geringem Einkommen können bei der Tagungsleitung einen reduzierten Beitrag von 50 Euro beantragen.
Die Referent*innen werden im Anschluss an die Tagung eingeladen, eine schriftliche Fassung ihres Vortrags zur Veröffentlichung in einem themenspezifischen Band der vom Verein für Sozialgeschichte der Medizin herausgegebenen Zeitschrift „VIRUS. Beiträge zur Sozialgeschichte der Medizin“ einzureichen. Die Zeitschrift ist durch peer-review qualitätskontrolliert und erscheint jährlich im Print sowie online als Open-Access- Journal.

Für die Veranstalter*innen:
Monika Ankele, Maria Heidegger, Marina Hilber (Organisationsteam)

Kontakt:

Dr. Monika Ankele Medizinische Universität Wien
Organisationseinheit Ethik, Sammlungen und Geschichte der Medizin Währinger Straße 25, 1090 Wien

monika.ankele@meduniwien.ac.at